Der großartige Wahn einer kleinkarierten Frau an einem Ort voll Glanz, Gewalt und blauer Kacheln




Stimmen der Presse

Nürnberger Nachrichten Abendzeitung Plärrer




Abendzeitung - 7. Mai 2003
Kachelzählerin im Film

Es wimmelt von Fimmeln in diesem Film, den Produzent, Regisseur, Kameramann und Komponist Hans-Günter Brodmann im Untertitel „Fantasie für eine Schauspielerin und leerstehendes Jugendstilbad” nennt. „Die Kachelzählerin”, für die Blaue Nacht entstanden, lässt „den großartigen Wahn einer kleinkarierten Frau’ an der langen Improvisationsleine des Experimentelen spazieren gehen.

Seitdem er mit Trommlerkollege Yogo Pausch vor sechs Jahren für einen Film Manhattan regelrecht abgeklopft hat, zweifelt der Jazzer Hans=Günter Brodmann, der mit „Cabaza” schon Nähe zum Stummfilm („Meister von Nürnberg”) erkennen ließ, an seinem Charakter: „Ich bin eigentlich Augenmensch, ein Voyeur, ein Glotzer”. Der Schritt zum ersten Tonfilm, der innerhalb des letzten Jahres das ursprünglich geplante Kurzfilmformat sprengte (laufzeit nun: 68 min.), war es da nur ein - „anstregender” - Schritt.

Mit der Schauspielerin Marina Schütz und dem flippernden Sound von Gitarrist Frank Möbus und seinem „Roten Bereich” steckt Brodmann das Volksbad und seine Katakomben als Neurosen-Claim für eine Dame im Kostüm ab, deren Obsessionen - wie auch der Märchenprinz in Froschgestalt - dort bald auf dem Trockenen sitzen und gurgelnd mit der anfänglichen Freiheits-Sehnsucht verschmelzen. Die Kachelzählerin, die mit knitterfreiem weißem Kittel und zunehmend rot geränderten Augen ihrem Tick nachgeht (wenn sie nicht Salami-Pizza isst, sich zischend über die Haut bügelt oder mit der Zahnbürste die blauen Kachelfugen nachweißelt), gerät außer Kontrolle. In einem Fimmelwimmelfilm, in dem die ausgestellte Liebe zum malerischen Bildmotiv die Dynamik klar dominiert.

daer